Ciudad de Guatemala, 10.10.2022
Ein neues Abenteuer beginnt! Nach zwei Absagen kann ich jetzt, im Herbst 2022, endlich die im Februar 2020 gebuchte Reise nach Zentralamerika antreten.
In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben sich die verfügbaren Flugverbindungen zu meinem Nachteil verändert und auch meine Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn wurden immer schlechter. Daher dauert meine Anreise in die Hauptstadt Guatemalas über 48 Stunden. Schon am Samstagabend fahre ich mit dem ICE von Köln zum Frankfurter Flughafen. Nachdem am Vormittag der Fernverkehr in ganz Norddeutschland und Teilen Nordrhein–Westfalens komplett ausfiel und dadurch große Verspätungen in ganz Deutschland bis in den späten Abend hinein verursacht wurden, erwische ich zum Glück einen Zug aus Brüssel, der als einziger pünktlich fährt.
Nach einer Übernachtung im Sheraton–Hotel im Flughafen komme ich entspannt und pünktlich an meinem Gate an, obwohl ich fast eine Stunde für Pass– und Sicherheitskontrolle brauche.
Die Boeing 747–8 nach Mexiko.
Die Boeing 747–8 der Lufthansa fliegt mit etwas über einer halben Stunde Verspätung ab, die sie bis zur Landung in Ciudad de México behält. Mein Koffer ist angeblich für den Anschlussflug mit der Aeroméxico am nächsten Morgen durchgecheckt, weshalb ich eigentlich, ohne an den Kofferbändern zu warten, direkt zur Immigrationskontrolle gehen will. Direkt in der Fluggastbrücke fällt mir jedoch eine Dame mit einem Schild auf. Es weist die Passagiere nach Guatemala (und einigen anderen Destinationen) darauf hin, dass sie ihr Gepäck am Band 18 abholen sollen. Ich bin irritiert und beschließe, auf Nummer sicher zu gehen. Nachdem ich lange warten muss, bis ich meinen Einreisestempel im Pass habe, stelle ich mich an das Band, bis nichts mehr kommt.
Ich bin schon dabei, mich für meine übertriebene Vorsicht zu schelten, als mir plötzlich ein kleiner, seltsam vertrauter grüner Hartschalenkoffer auffällt, der etwas abseits des Bandes herumsteht. Tatsächlich ist es meiner! Es kann natürlich sein, dass etwas später jemand von der Aeroméxico vorbeigekommen wäre und ihn für den Anschlussflug mitgenommen hätte, aber es fiele mir nicht im Traum ein, mich darauf zu verlassen. Ich gehe mit meinem kompletten Gepäck zum Ausgang und frage mich zum Abfahrtspunkt meines Hotel–Shuttlebusses durch. Er befindet sich fast am anderen Ende der Ankunftshalle. Nach etwa zwanzig Minuten Wartezeit werde ich mit einigen anderen Gästen zum Fiesta Inn Aeropuerto gefahren. Wie der Name schon sagt, befindet es sich in unmittelbarer Nähe zum Flughafen, ist aber nicht fußläufig zu erreichen, da man eine Schnellstraße überqueren müsste.
Nach dem Check–in und dem Beziehen meines Zimmers ist es bereits 21:00 Uhr und ich mache mich bettfertig, da ich schon kurz nach 4:00 Uhr aufstehen muss, um wieder rechtzeitig am Terminal zu sein. Das hört sich schlimmer an als es ist, da der Jetlag erfahrungsgemäß dafür sorgt, dass ich sehr zeitig wach werde.
Tatsächlich hätte ich mir keinen Wecker stellen müssen. Bereits kurz nach 3:00 Uhr bin ich vollkommen wach. Ich schaffe es also problemlos, den Shuttlebus zu erreichen, der mich drei Stunden vor dem Abflug am Terminal 2 des Flughafens abliefert. Sowohl im Gebäude als auch auf allen Flügen mexikanischer Fluggesellschaften herrscht weiterhin Maskenpflicht. Beim Check–in bei der Aeroméxico werde ich (wie erwartet) nicht auf einen durchgecheckten und auf mysteriöse Weise verschwundenen Koffer angesprochen. Ich gebe meinen Koffer ganz normal neu auf. Als ich alter Mann im Zeitalter der Digitalisierung nach meinem Baggage Tag frage, erklärt mir der Angestellte am Schalter leicht pikiert: "That's not necessary, Sir, we have it in our computer system". Als alter Exzentriker bestehe ich dennoch auf den kleinen Aufkleber, den ich sogleich griffbereit einstecke.
Die Boeing 737–800 fliegt fast auf die Minute pünktlich ab und kommt nach etwa 100 Minuten Flugzeit in der guatemaltekischen Hauptstadt an. Dort muss ich die Uhr um eine Stunde zurückstellen, obwohl wir Richtung Südosten geflogen sind. Beide Länder liegen in derselben Zeitzone, in Mexiko gilt jedoch bis Ende des Monats noch Sommerzeit, in Guatemala nicht.
Mein erstes Zielland begrüßt mich mit 17 Grad Celsius und wolkenbruchartigem Regen. Dafür komme ich sehr schnell durch die Passkontrolle und mein klitschnasser Koffer ist einer der ersten auf dem Band. Als ich in Richtung Zoll gehe, kommt gleich eine Sicherheitsangestellte auf mich zu, die jeden kontrolliert, ob er sich nicht einen Koffer unrechtmäßig angeeignet hat. Sie vergleicht dazu penibel die Nummer auf meinem papiernen Baggage Tag mit der auf dem Kofferanhänger. Ich könnte ihr jetzt leicht pikiert sagen: "That's not necessary, Ma'am, they have it in their computer system", aber ich möchte den Rest des Tages nicht in einer Polizeiwache verbringen.
Im Terminalgebäude tausche ich für einen, wie ich später feststelle, lausig schlechten Kurs per Kreditkarte 200 US–Dollar in 1223 Quetzal und gehe anschließend zum Ausgang, an dem ein Taxifahrer mit meinem Namensschild auf mich wartet. Er bringt mich in knapp 15 Minuten durch den immer noch starken Regen zu meinem Hotel. Dort will er 100 Quetzal von mir. Womöglich betrügt er mich damit, denn ich hatte in Erinnerung, dass dieser Transfer für mich kostenlos sei. Aber ich kann es leider nicht beweisen und gebe deshalb klein bei.
Nachdem ich mein Zimmer bezogen habe, schalte ich mein Mobiltelefon ein, stelle auf die zweite eingelegte SIM–Karte um und erlebe eine wundersame Premiere: Nachdem ich in den vergangenen Jahren immer wieder vergeblich versucht habe, günstige Prepaid–Karten mit Datenvolumen außerhalb Europas zu nutzen, bucht sich meine in Deutschland gekaufte, online aktivierte estnische SIM eines lettischen Onlinehändlers nach zwei Minuten widerstandslos in ein lokales Netz ein und funktioniert ohne jegliche Probleme. Keine ergebnislosen Hotline–Anrufe und keine Besuche bei Anlaufstellen für in Not geratene Seeleute sind nötig, ich kann einfach so überall online gehen. Dass ich das noch erleben darf. Ein Hoch auf die wackeren Balten!
Viele Gelegenheiten, die Karte heute schon außerhalb des Hotels zu nutzen, gibt es nicht, dazu ist das Wetter weiterhin zu schlecht. Der Jetlag führt dazu, dass ich gegen 15:00 Uhr einen Bärenhunger bekomme. Wie schon in Mexiko oder Brasilien ist dies hierzulande aber kein Problem. Es ist leichter, um diese Zeit gutes Essen im Restaurant zu bekommen, als am Abend. Ganz in der Nähe meines Hotels finde ich das Fisch– und Meeresfrüchterestaurant "El Remo". Ich nehme dort Mojarra frita (eine Art Seebarsch) mit Pommes frites, Tamales (Teigtaschen im Bananenblatt) und Salat zu mir. Dazu gibt es drei kleine "Modelo negra", mein zweiltliebstes mexikanisches Bier nach "Bohemia oscura". Das Festmahl kostet mich mit Trinkgeld 220 Quetzal, also knapp 30 Euro.
Links: Im Restaurant bei Regen. Rechts: Mojarra frita.
Nachdem ich durch den immer noch kräftigen Regen in mein Hotel zurückgegangen bin, lasse ich den Tag locker ausklingen. Morgen früh muss ich um 3:00 Uhr aufstehen, um meinen nächsten Flug zu erreichen.