Azul Meambar, 20.10.2022
Heute steht die große Wanderung durch den Nationalpark auf dem Programm, für die man zwischen verschiedenen Wegen wählen kann. Roland und ich nehmen die Route Sinaí. Zwei Optionen stehen zur Verfügung: Ein sehr steiler Aufstieg bis zum höchsten Punkt im Bergnebelwald und der anschließende Abstieg über dieselbe Strecke oder der Rundkurs mit einem sehr langen, flacheren Abstieg. Wir wollen im Laufe der Wanderung entscheiden, welche Variante wir wählen.
Der Aufstieg verlangt mir alles ab. Wir überwinden mehr als 400 Höhenmeter auf dem ersten Drittel der sieben Kilometer langen Strecke. Problematisch ist vor allem die sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Die Temperatur übersteigt kaum 22 Grad, aber man schmort bereits im eigenen Saft, wenn man sich nicht bewegt. Wir steigen jedoch unzählige steile Stufen und rutschige Wege hoch.
Ab und zu werden wir an Aussichtspunkten mit wunderschönen Ausblicken auf den Yojoa–See, einen Staudamm und die Berglandschaft belohnt. Ich fordere allerdings ab und zu weitere kurze Pausen ein, um meine nach längeren Steilstrecken schmerzende Oberschenkelmuskulatur etwas zu entlasten.
Wanderung im Azul Meambar Nationalpark. Unten mitte: Schöne Aussichtspunkte laden zum Verweilen ein. Unten rechts: Zwei Tukane.
Neben der außerordentlich faszinierenden Vegetation können wir einige Schmetterlinge beobachten. Die Vögel machen sich zunächst etwas rar. Erst an einem der oberen Aussichtspunkte kann ich zwei schöne gelbschwarze Tukane fotografieren. Von anderen Tieren sehen wir nur die Spuren im stellenweise schlammigen Untergrund: Die recht frischen Tatzenabdrücke dürften von einem Ozelot und einem Puma stammen.
Als wir am höchsten Aussichtspunkt ankommen und eine etwas längere Rast einlegen, haben wir das Glück, dass sich die Nebelschwaden verziehen, die den Ausblick auf den Yojoa–See verdecken. Wir beschließen, den bei der großen Feuchtigkeit anstrengenden und nicht ganz ungefährlichen kurzen Abstieg zu meiden und den Rundkurs fortzusetzen. Wie sich herausstellen wird, ist dieser zwar flacher, aber kaum weniger tückisch. Davon abgesehen, gibt es auf ihm einige steile Aufstiege, die sehr anstrengend sind.
Wanderung im Azul Meambar Nationalpark. Oben rechts: Pumaspur. Unten mitte: Wasserfall. Andere Bilder: Aussicht auf den Yojoa–See.
Der Weg wird immer rutschiger. Ich habe meine guten Wanderschuhe mit tiefem Profil an, dennoch bleiben mir auf fast dem gesamten Weg nur drei Möglichkeiten: Zu rutschen, zu stolpern oder zu rutschen und dabei zu stolpern. Einmal trete ich auf einen moosbewachsenen Stein und rutsche darauf aus wie auf Glatteis. Bei dem Sturz komme ich mit einigen Schürfwunden am rechten Unterarm glimpflich davon und falle nicht den steilen Abhang hinunter.
Zum Glück bleibt dies mein einziger Sturz am heutigen Tag. Der weitere Abstieg führt uns an einem kleinen Wasserfall vorbei. Anschließend müssen wir den dazu gehörenden rauschenden Bach einige Male über glitschige Hängebrücken überqueren. Nach etwa fünf anstrengenden Stunden kommen wir wieder an der Panacam Lodge an und machen eine lange Pause auf den Zimmern.
Meine Kleidung ist so nass, als hätte man sie in einen Bottich mit Wasser getaucht. Mein ehemals weißes T–Shirt schillert in allen Farben, die mehrere Liter Schweiß aus meinem Hosengürtel, dem Brustbeutel und dessen Inhalt herauszulösen im Stande waren. Meine Hose steht vor Schweiß und Schlamm fast von alleine. Alles bis zur Abreise morgen früh zu trocknen ist völlig aussichtslos.
Die Zeit bis zum Abendessen vergeht mit Duschen und Ausruhen. Gegen 17:30 Uhr gehe ich in das Restaurant der Lodge und esse "Churrasco Panacan", ein dünnes Rinderfiletsteak mit einer Folienkartoffel, Bohnenpaste, Salat und zwei Tortillas. Dazu gibt es drei kleine Barena–Bier. Alles zusammen kostet mit Trinkgeld 580 Lempira. Nach dem Essen komme ich gerade noch zurück in mein Zimmer, bevor wie am Vortag der große Wolkenbruch niedergeht.