Granada, 24.10.2022
Am Morgen ist der Himmel über Leon fast wolkenlos. Ideale Bedingungen, um die Tour zur Kathedrale zu starten. Wir gehen das kurze Stück Weg zu Fuß und besichtigen zunächst das Innere der Kirche, die von 1744 bis 1860 erbaut wurde. Unser eigentliches Ziel ist allerdings das Areal auf dem Dach der Kirche, von dem man bei schönem Wetter einen exzellenten Ausblick auf die umliegenden Vulkane hat. Wir müssen allerdings fast eine halbe Stunde warten, bis die Kasse und der Aufgang geöffnet werden.
Als es soweit ist, erklimmen wir die engen Stufen. Da das Dach neu gekalkt ist, müssen wir es barfuß betreten. Dies ist kein Problem, da der Boden noch eine angenehme Temperatur hat. Die Luft ist allerdings, obwohl es nicht einmal 9:00 Uhr ist, bereits unerträglich heiß, sodass man für jeden Schatten dankbar ist. Zum Ausgleich kann man alle Vulkane der Gegend ausgezeichnet sehen und fotografieren.
Leon vom Dach der Kathedrale aus.
Nach diesem letzten Blick von oben ist mein Besuch in Leon abgeschlossen und wir beginnen unsere Fahrt nach Granada. Sie führt durch eine vollkommen ebene Landschaft mit Zuckerrohr–, Hirse– und Erdnussfeldern. Am Horizont ist die Vulkankette zu sehen. Nach knapp zwei Stunden Fahrt erreichen wir den Managuasee. Zum Glück gibt es an der Straße einen Aussichtspunkt, von dem aus wir das über 1100 Quadratkilometer große Gewässer sehen und fotografieren können.
Weiter geht unsere Fahrt in die Hauptstadt des Landes, Managua. Sie weist viele Prachtbauten und –straßen auf. Dort ist allerdings sehr wenig los. Überhaupt wirkt die Millionenstadt sehr verschlafen. Insgesamt gilt hier die Devise: Mehr Schein als Sein. Wir können die Stadtbesichtigung daher kurz halten und fahren weiter in die kleine Stadt Masaya. Hier statten wir einer Markthalle mit viele Souvenirgeschäften einen Besuch ab. Während wir an den Ständen vorbeischlendern, wird draußen auf dem Parkplatz unser Auto für ein kleines Entgelt gewaschen.
Erste Reihe, zweite Reihe links und mitte: Blick vom Aussichtspunkt am Managuasee. Zweite Reihe rechts und dritte Reihe: In der Hauptstadt Managua. Vierte Reihe: Souvenirmarkt in Masaya.
Schließlich machen wir uns auf den Weg nach Granada. Kurz vor 14:00 Uhr erreichen wir die etwa 100.000 Einwohner zählende Stadt. Mein Hotel "Patio del Malinche" liegt mitten im Zentrum. Nach dem Einchecken verabrede ich mich mit Roland zu einer Stadtbesichtigung um 16:00 Uhr. Während dieser wollen wir besprechen, ob wir die Tour zum Vulkan Masaya morgen früh oder lieber abends unternehmen wollen. Entscheidendes Kriterium wird das zu erwartende Wetter sein.
Als ich mich gerade für den Rundgang fertig mache, klopft es an meine Tür: Es gibt eine spontane Programmänderung. Die Vulkantour soll sofort stattfinden. Das Wetter sei nun günstiger als es morgen im Laufe des Tages werden soll. Ich bin natürlich einverstanden. Die Fahrt zum Eingang des Nationalparks dauert knapp vierzig Minuten. Nach dem Kauf der Eintrittskarten fahren wir etwa einen Kilometer bis zu einem Museum, in dem die Geschichte des Vulkans, die geologischen Gegebenheiten der Region sowie die Fauna und Flora der Gegend erklärt werden. Nach dem Besuch hier fahren wir einige Kilometer weiter nach oben, bis fast zu den Kratern.
Es gibt mehrere Aussichtspunkte. Der oberste, der mit einem Gipfelkreuz versehen ist, bietet die am wenigsten spektakuläre Aussicht. Weitaus interessanter ist es an der vom Parkplatz aus rechten unteren Plattform. Von hier aus können wir direkt in einen brodelnden Lavasee sehen. Ich erfahre, dass dies ein sehr seltener Glücksfall sei, normalerweise sind die Rauch– und Dampfwolken so dicht, dass man kaum etwas erkennen kann. Jetzt im Moment ist nicht nur der Blick nach unten fast vollkommen klar, sondern es ist in der anderen Richtung überdies ein Regenbogen zu sehen! Ich kann mein Glück kaum fassen.
Am Vulkan Masaya. Oben links: Regenbogen. Oben mitte: Gipfelkreuz. Oben rechts: Blick in den Krater vom Gipfelkreuz aus. Unten links: Diese Papageien haben sich an den Lebensraum im Krater angepasst. Unten mitte und rechts: Blick in den Lavasee.
Roland und ich haben uns den mit Abstand besten Platz im gesamten Gelände gesichert und beobachten lange völlig fasziniert das Brodeln des kochenden Magma. Es ist einer dieser magischen Momente, in dem einfach alles passt, der Zeitpunkt des Besuches, der gewählte Platz, das Wetter und alle sonstigen Umstände.
Videos vom Lavasee im Vulkan Masaya. Links: Vor dem Sonnenuntergang (Größe ca. 220 MB). Rechts: Nach dem Sonnenuntergang (Größe ca. 140 MB).
Wir harren an diesem Eingangstor zur Hölle bis lange nach Sonnenuntergang aus, bevor wir uns auf den gefährlichen Rückweg nach Granada aufmachen. Die schlaglochübersäten Straßen sind sehr schlecht beleuchtet und kein Radfahrer oder Motorradfahrer ist mit irgendeiner Art von Beleuchtung unterwegs. Es erfordert viel Konzentration, um heil anzukommen.
Fisch– und Meeresfrüchteterrine.
Glücklicherweise gelingt uns dies. Am Hotel angekommen, gehe ich gleich zum Abendessen. Ich finde schnell ein Restaurant in der Nähe und esse dort eine Fisch– und Meeresfrüchteterrine mit Muscheln, Garnelen, Oktopus, Fischfilets und vier Scheiben Toastbrot. Dazu gibt es drei kleine Toña–Bier. Das Essen ist köstlich und kostet mit Trinkgeld insgesamt 820 Cordoba, ein sehr günstiger Preis, wie ich finde. Dies ist ein würdiger Abschluss eines schönen Tages.