Leon, 23.10.2022
Heute zeigt sich das Wetter bereits am Morgen von seiner heiteren Seite. Wir starten kurz nach 8:00 Uhr in Richtung auf die Pazifikküste Nicaraguas. Dementsprechend wird es schon bald, nachdem wir Estelí verlassen haben, immer trockener und flacher. Erdnuss–, Hirse– und Reisfelder dominieren die Landschaft, letztere nur aufgrund künstlicher Bewässerung. Nach etwa anderthalb Stunden Fahrt haben wir die Mittelgebirge endgültig verlassen und sehen als einzige Erhebungen eine Kette von aktiven Vulkanen. Am auffälligsten sind der Momotombo, der Cerro Negro und der Telica, alle drei zwischen 700 und 1250 Meter hoch.
Nicht weit vom Vulkan Telica entfernt halten wir in dem kleinen Dorf San Jacinto, von dem aus wir eine Führung zu heißen Schlammquellen unternehmen. Unsere Führerinnen sind kleine Mädchen im Alter von etwa acht bis zwölf Jahren, die uns zuverlässig die einzig sicheren Pfade durch die Solfataren zeigen. Darüber hinaus erzählen sie uns interessante Geschichten über unachtsame Touristen, die hier ihr Leben gelassen haben sowie weitere Anekdoten und freuen sich dafür über ein kleines Trinkgeld. Und dieses hinterlassen wir ihnen gerne, erfahren wir doch weitere wertvolle Dinge, wie zum Beispiel, dass Teile Chinas zu Nicaragua gehören.
Oben links: Vulkan Momotombo. Oben mitte: Vulkane der Cordillera de los Maribios. Andere Bilder: Kochende Schlammquellen. Das Video unten rechts ist etwa 40 MB groß.
Bei der kurzen Tour durch die Vulkanquellen zeigt sich sehr deutlich, dass wir in der Küstenregion angekommen sind: Selbst dort, wo der Wind nicht die heißen Dampfschwaden herüberweht, beträgt die Temperatur deutlich über 30 Grad. Wie gut, dass wir als einzige Besucher einen Parkplatz im Schatten ergattern konnten, sodass sich die Schwitzkur bei der Weiterfahrt wenigstens nicht fortsetzt.
Kurz nach 11:00 Uhr erreichen wir unser heutiges Ziel, Leon, die ehemalige Hauptstadt und Wissenschaftsmetropole Nicaraguas. Wir möchten das hübsche Kolonialstädtchen am Nachmittag genauer besichtigen. Zuvor steht eine längere Siesta an, um der Mittagshitze zu entgehen. Mein Zimmer im oberen Stockwerk des Hotels "Los Balcones de León" mit Blick auf die Kathedrale ist allerdings noch nicht bezugsfertig. Die freundliche Dame an der Rezeption bietet mir an, solange ein hergerichtetes Zimmer im Erdgeschoss zu nutzen.
Um 14:00 Uhr holt mich Roland zur Besichtigung der Innenstadt ab. Während dieser versuchen wir uns bei 33 Grad und fast wolkenlosem Himmel weitgehend im Schatten aufzuhalten. Unsere erste Station ist die Kirche El Calvario aus dem frühen 17. Jahrhundert mit ihrer burgunderroten und weißen Fassade mit Reliefs, welche die Passion Christi darstellen. Darauf folgt die alte Barockkirche San Juan, die fast festungsartig wirkt und deren Fassade eine Renovierung nötig hätte.
Oben mitte: El Calvario. Unten links: San Juan. Andere Bilder: Stadtansichten in Leon.
Es folgt die Kirche La Recolección aus dem späten 18. Jahrhundert mit ihrer ockergelben Fassade im mexikanischen Barockstil. Den Abschluss der Tour bildet der zentrale Platz mit der großen weißen Kathedrale de la Asunción. Wir können sie heute lediglich von außen sehen, wollen ihr jedoch morgen früh einen weiteren Besuch abstatten, bei dem wir auch das Innere der Kirche besichtigen können. Neben den zahlreichen historischen Kirchen sind auch viele alte Häuser schön anzusehen. Sie sind fast ausschließlich einstöckig. Große Türen führen in weiträumige Innenhöfe. Die gesamte Architektur ist darauf ausgerichtet, der großen Hitze der Stadt zu entfliehen.
Oben links: La Recollección. Unten mitte: Kathedrale de la Asunción. Andere Bilder: Stadtansichten in Leon. Hier sind selbst Fastfood–Ketten in schönen Altstadthäusern untergebracht.
Nach dem interessanten Stadtbummel durch Leon mache ich eine längere Pause im Hotel, bevor ich im etwas angenehmeren Klima des frühen Abends zur Kathedrale zurückkehre. Ihr gegenüber liegt das Restaurant "El Sesteo", in dem ich Fischfilet mit Pommes frites und gemischtem Gemüse esse. Dazu trinke ich drei "Victoria clássica"–Bier. Alles zusammen kostet mit Trinkgeld knapp 700 Cordoba, also kaum 20 Euro. Ein kleiner Verdauungsspaziergang durch den malerischen Ort beschließt den heutigen Tag. Auch wenn es selbst am Abend noch sehr heiß ist, hoffe ich darauf, dass mir dieses Wetter in den nächsten Tagen treu bleibt.